Das Handwerk
Die Käsetradition der Luzerner Landschaft beginnt bereits Mitte des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit schiessen die Käsereien wie Pilze aus dem Boden und garantieren den Landwirtschaftsbetrieben eine stabile Erwerbsquelle. Landschaft, Kühe, Milch und Käsereien waren und sind eng miteinander verknüpft. Auch heute noch, ohne gutes Futter, ohne gesunde Kühe, keine gute Milch und damit keinen exzellenten Käse.
Nach wie vor wird der Käse in den Käsereien der Genossenschaft Regio Chäsi Willisau aus Rohmilch hergestellt, aus Milch auf der Futterbasis von Weide, Gras und Heu.
Alles beginnt mit guter Rohmilch
Die Genossenschafter sorgen dafür, dass ihre Rohmilch aus Eutern von gesunden Kühen fliesst, mit einer guten Melkanlage gemolken und in einem gereinigten und bakteriologisch einwandfreien Gefäss bei optimaler Temperatur zwischengelagert wird. Drei bis fünf Mal pro Woche wird jede erfasste Milch auf mikrobielle Qualität untersucht. Daneben werden zweimal im Monat die Inhaltstoffe der Käsereimilch bestimmt. All diese Parameter fliessen in die Milchbezahlung der Genossenschafter ein.
Besonderes Augenmerk gilt der Fütterung der Milchkühe. Sie dürfen nur frisches Futter erhalten. Weide, Gras und Heu sind die Hauptbestandteile der Futterrationen. Gegärtes Raufutter, wie Grassilage, sind aus bakteriologischen Gründen verboten. Diese Futtermittel beinhalten Bakterien, welche eine späte Gärung im Käse auslösen und zu erheblichen Schäden führen können.
Die bakterielle Güte der Milch, welche zu Sbrinz AOP verarbeitet werden soll, muss sogar noch die Güte der Emmentaler-Rohmilch übertreffen. Da der Sbrinz AOP zwei Jahre ausgereift wird, kann in der Produktion nur Milch von ausgewählter Qualität verarbeitet werden.
Auch die Milchtemperatur spielt eine wichtige Rolle bei der Käseherstellung. Zu kalt gelagerte Milch verliert ihre physikalische Struktur und lässt nur eine eingeschränkte Gerinnung der Milch zu.
Milcherfassung
Mit zwei verschiedenen Milchsammellastwagen werden je nach Saison täglich zwischen 30'000 und 40'000 Liter silofreie Rohmilch von den Höfen der über 75 Genossenschafter der Regio Chäsi Willisau abgeholt und in die Käsereien Kottwil und Schülen gefahren.
Dazu werden drei verschiedene Routen befahren. Hügel rauf und wieder runter. Zwei Routen mit eigenem Lastwagen und Chauffeur und eine Route befährt ein Fuhrunternehmen im Auftrag.
Geschickte Handarbeit
Trotz moderner Technik in den Käsereien Kottwil und Schülen, braucht es körperlich fite Mitarbeitende, die tagtäglich mit aller Kraft und Ausdauer zupacken. Ihre saubere Handarbeit ist entscheidend, jeder Griff muss sitzen. Die Erfahrung zählt. Nur so gelingt ein perfekter Käse.
Ein guter Emmentaler AOP Käse braucht Geduld. Dies beginnt bereits bei der Vorbereitung des Käsungsprozesses. Die Milch wird schonend in das kupferne Käsekessi gepumpt. Bei der Rohmilchkäseherstellung darf die Milch niemals über 40°C erwärmt werden. Die vorgezüchteten Milchsäurebakterien werden der Kessimilch bei einer Temperatur von 20°C zugegeben. Die Milch reift nun fast eine Stunde vor und wird in dieser Zeit auf die Einlabungstemperatur von 31°C erwärmt. Mit der Zugabe des Labextraktes wird ein minutiöser Herstellungsprozess gestartet, welcher viel Erfahrung und Geschick, aber auch tägliche Routine von den Käserinnen oder Käser verlangt.
Der ideale Zeitpunkt
Das Labenzym spaltet nach Zugabe die wasserlöslichen Eiweissbestandteile von den wasserunlöslichen. Erstgenannte verbleiben im Käsewasser der Molke, aus den zweitgenannten entsteht der Labkäse. Die geronnene Milch sieht aus wie ein stichfester Joghurt. Sie schmeckt aber milchig süss und nicht säuerlich frisch. Daher wird die Labkäserei auch Süss-Käserei genannt. Erst im Gärungsverlauf der geformten Eiweissmasse auf der Presse entsteht durch die Bakterienaktivität aus Milchzucker Milchsäure, welche den jungen Käse konserviert.
Der Zeitpunkt des Zerteilens der geronnenen Milch ist von grosser Bedeutung für das Gelingen des Käses. Dieser Zeitpunkt bestimmt in erheblichem Masse den Wassergehalt des Käses. Mit der «Harfe» wird die Gallerte in kleine Eiweisskörner zerschnitten. Ein Prozess der zwischen fünf und zehn Minuten dauern kann. Auch hier bestimmt die Korngrösse den weiteren Verlauf der Käsereifung. Grob gesagt, je grösser das Bruchkorn, desto mehr Milchzucker, desto schnellere Bakterienentwicklung und Reifung des Käseprodukts.
Sogenannter Bruch
Beim Emmentaler AOP haben die Eiweisskörner Erbsen und Maiskorngrösse, beim Sbrinz AOP hingegen nur Reiskorngrösse. Der fertig bereitete Bruch, so nennt man das Eiweisskorn-Molke-Gemisch, wird weiterhin schonend gerührt und anschliessend auf die gewünschte Endtemperatur erwärmt.
Bei den Hartkäsen spricht man sogar vom Brennen. Der Emmentaler AOP wird bis 53°C, der Sbrinz AOP auf 55°C erwärmt. Die Erwärmung dient der bakteriellen Selektion, es sollen unliebsame Keime absterben und erwünschte Bakterien einen Entwicklungsvorteil erhalten. Zugleich kann damit auch der Wassergehalt des Käses feinjustiert werden.
Ist dieser Schritt zur Zufriedenheit des Käsers abgeschlossen, werden die Bruchkörner zu Käselaiben geformt.
Letzter Schliff
Dies erfolgt durch das Abpumpen des Bruchs in perforierte Käseformen, welche die Eiweisskörner zurückhalten und die Molke abfliessen lassen. In diesen Formen werden die nun erhaltenen Käselaibe in Form gepresst. In der Regel verbleiben die Käselaibe, welche automatisch in der Presse gewendet werden, einen Tag in der Käsepresse.
Am Folgetag der Herstellung wird der geformte Käse von der Presse genommen und in ein Salzbad überführt. Das gesättigte Salzwasser entzieht dem Käse Wasser und stabilisiert den Laib für die weitere Ausreifung. Zusätzlich wird das Salz selektiv auf die Bakterienentwicklung und trägt zur Geschmacksbildung bei. Der eigentliche typische Geschmack des Käses entsteht aber erst bei der Reifung im Käsekeller.
Im Käsekeller des Emmentaler AOP
Der Emmentaler AOP erlebt eine zweigeteilte Ausreifung. Grosse Löcher sind für diesen Käse so typisch. Diese entstehen in einer ersten stürmischen Gärung innerhalb von 50 Tagen im 20°C warmen Gärkeller. Durch die Vergärung der Milchsäure durch die Propionsäure Bakterien entsteht wasserlösliches Kohlendioxid. Dieses löst sich im Käseteig und bei Übersättigung bilden sich an kleinen Fehlstellen oder Heustaubpartikel kleine Gasblasen, welche im Verlauf des Aufenthaltes im Warmkeller zur gewünschten Grösse heranwachsen.
Anschliessend wir der Käse aus dem Warmkeller genommen, gründlich vom ausgeschiedenen Fett gereinigt und in den Kalt- oder Lagerkeller gebracht. Hier kommt die stürmische Gärung bei 12°C zum Erliegen und der Käse reift noch weitere zwei bis drei Monate bis zur Verkaufsreife weiter.
Im Käsekeller des Sbrinz AOP
Im Unterschied zum Emmentaler AOP darf der Sbrinz AOP keine stürmische Gärung durchlaufen. Er soll auf keinen Fall Löcher ausbilden. Auch der typische süssliche Geschmack des Emmentaler AOP’s gilt als massiver Qualitätsmangel beim Sbrinz AOP. Dafür reift der Sbrinz AOP sehr, sehr lange. Ist der Emmentaler AOP bereits nach vier Monaten handelbar, so braucht der Sbrinz AOP dazu mindestens 22 Monate. In Spezialitätengeschäften gibt es mitunter auch sehr alte Sbrinz AOP Käse, welche älter als fünf Jahre sein können.
Emmentaler AOP und Sbrinz AOP bilden eine sogenannte Naturrinde aus. Das heisst die Käse konservieren sich selbst durch das Ausschwitzen von Milchfett. Die fettgetränkte Käserinde konserviert so den Käse vor unerwünschten Oberflächen Keimen.